In diesen letzten Novemberwochen beginnt wieder die Zeit, in der die Menschen hierzulande in einen kollektiven Stress verfallen. Ganz freiwillig. Vielleicht auch zwanghaft, weil diese Vorweihnachtszeit wie eine sanfte Droge oder wie ein betreuter Ausnahmezustand wirkt. Doch: Fast alle machen mit. Der Druck ist groß, der Sog geht eher in die ungesunde Richtung. Noch vor dem ersten Advent muss noch kräftig digital auf Schnäppchenjagd gegangen werden. Nun gibt es neben dem Schokoladen-Adventskalender auch gefühlt von jedem einen digitalen im Angebot. Von den Weihnachtsfeiern ganz zu schweigen. Von dem Geschenke-Gegengeschenke-Suche-Finde-Spiel ebenso. Dann kommt später noch der Raunachts-Stress …
Wie war das früher zu dieser Jahreszeit (damit meine ich nicht die Jungsteinzeit)?
Die Vorräte waren zu dieser Zeit gesichert: Der Wein und das Sauerkraut in ihren Fässern, die Früchte eingekocht, die Heilkräuter getrocknet, die Sau geschlachtet, die Würste geräuchert, das Korn gemahlen, der Schnaps gebrannt, die Bienenwachskerzen gezogen. Die Tiere gaben weniger Milch und konnten sich über den Winter entspannen. Auch sonst kehrte friedvolle Ruhe ein. Mit dem schwindenden Tageslicht verschwand auch der Aktionsradius. Bei Schneefall sowieso. Der Körper konnte endlich auch einmal zur Ruhe kommen – die Seele gleich mit. Anhalten! Ausschlafen! Ausruhen!
Den Schneeflocken beim Fallen zuschauen. Den Tag taghell sein lassen und die Nacht schwarznacht. Die Vorräte wurden sparsam verwendet: So war diese Zeit vor der Wintersonnenwende eine eher bescheidene Zeit!
Keine Völlerei, keine Verschwendung, kein Verdauungsmarathon
Das war für den Körper richtig erholsam! Dieses Fließen in der eigenen Zeit und mit der eigenen Körperkraft ist eine kluge Entscheidung. Eine meditative Haltung stellte sich hier von selbst ein. Der Atem musste nicht eingeübt werden. Schlafstörungen waren unbekannt. Die Nacht war dunkel und die Sterne leuchteten. Der kosmische Zyklus war verinnerlicht und wurde nicht boykottiert oder missachtet.
Was ist davon heute übrig geblieben? Die Nacht? Ja! Die Sterne? Ja! Gut, wir wollen ja nicht mehr „so“ leben! Die Zeiten haben sich schon immer geändert; der Wandel ist ein stetiger Begleiter. Wie viel davon wirklich gesund ist, ist (m)eine andere Frage (künstliche Nahrung, künstliches Licht, künstliches Leben)!
Doch: Der Körper ist immer noch derselbe wie „damals“!
Der Körper reagiert immer noch auf Sonnenlicht oder eben fehlendes Tageslicht. Der Körper reagiert aber auch auf künstliches (Glitzer-)Licht. Der Körper reagiert überhaupt auf zu viel von allem Künstlichen. Davon gibt es in diesen Wochen besonders viel! Der Körper will am liebsten seine verdiente Ruhe haben?
Die wahre Sehnsucht im Menschen ist jedoch eine andere: Es ist der Wunsch nach menschlicher Wärme, nach Berührung, nach dem Gesehen werden. Es ist der Wunsch nach Frieden, nach Liebe und Zuversicht. DAVON gibt es in diesen Tagen deutlich zu wenig!
Meine wahrhaftige und echte Advents- oder Vorweihnachtszeit ist
- ein echtes Zusammenkommen im Kreis
- ein Gedanken- und Gefühle-Austausch,
- ein gegenseitiges, seelisches Halten und Wärmen
- ein echtes Licht, das angezündet wird
- ein Spüren von Gemeinschaft und Zusammenhalt
- ein Ahnen von Sicherheit und Wohlwollen.
Vielleicht kehrt erst ja dann Frieden in die Welt ein, wenn die Menschenkörper und Menschenkinder sich diese Ruhe gönnen, die jetzt so dringend gebraucht wird!
Es ist dunkel da draußen. Jeden Tag mehr. Die Dunkelheit umarmt uns mit heute Liebe, denn sie entzündet in uns das Seelenlicht!
Ich stelle mir vor, wie es wäre, wenn auf einem wuseligen Platz voller Menschen plötzlich jeder aus seinem Herzen heraus einen Lichtfunken zum Leuchten bringt. Die Kunstlichter gehen aus, und die Nacht umfängt uns mit diesem Strahlen!
(c) Birgit Matz