Im Großen und Ganzen gesehen gibt es in dieser Welt nicht nur das Eine oder nur das Andere. Auch wenn die Nacht tatsächlich als Nacht erlebbar ist, gibt es auch immer den Tag dazu. Der Winter ist kalt und dunkel, doch der warme Sommer wartet schon. Die Sonne scheint am Morgen und der Mond bleibt geduldig bis zu seinem Auftritt. Sorgen gehören zum Leben dazu, und auf der anderen Seite wartet schon die Lösung! Ein schönes Zusammenwirken als „Paar“, oder?
Die Welt lebt von Polaritäten. Die Welt ist polar. Im Wechsel schiebt sich eben die eine Seite vor während die andere (scheinbar) verborgen bleibt. Manchmal scheint es auch Übergänge zu geben und man steht so dazwischen zwischen sowohl und als auch. (Die Wintersonnwendzeit ist solch eine Gelegenheit).
Es ist wie eine Gleichzeitigkeit: In jedem Moment ist alles da und dann wieder nicht. Es scheint sich zu vereinen zu einem einzigen Punkt, der nichts und alles ist!
Ich nenne ein Beispiel:
Ein Spaziergang im Winter im Wald oder einfach in der Natur kann dir beides bieten: Den Anblick von Vergehen und die Entdeckung des Beginns von etwas Neuem.
Ein Baum hat seine Blätter verloren. Sie liegen am Boden und machen sich den Winter über als Humus und als Versteck für allerlei Kleingetier nützlich. Am nackten Kleid des Baumes kannst du die Knospen für das neue Wachstumsjahr erkennen. Sie sind gut eingehüllt in Harz und warten nur noch auf den Einsatz im Frühling. Das scheinbar Abgestorbene und Leere zeigt gleichzeitig die Vision des Baumes an.
Schaffen wir das als Menschen auch: Gleichzeitigkeit zu sehen und zu integrieren? Nicht nur eine Seite wahrzunehmen und die andere auszuschließen?
Es ist keine leichte Übung.
Doch in der Gleichzeitigkeit von Leben und Tod steckt das Wunder.
(c) Birgit Matz